Prof. Oliver Sawodny und Prof. Lucio Blandini: "Adaptive Hüllen und Strukturen für die gebaute Umwelt von morgen - Der Sonderforschungsbereich 1244 und sein Demonstrator-Hochhaus D1244 "

Seit Januar 2017 gehen vierzehn Institute der Universität Stuttgart im Rahmen des Sonderforschungsbereichs SFB 1244 der Frage nach, wie angesichts einer wachsenden Weltbevölkerung und schrumpfender Ressourcen künftig mehr Wohnraum mit weniger Material geschaffen werden kann. Ihr Ziel ist es hierbei, in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit die Energie-, Material- und Emissionsbilanz von Tragwerken und Fassaden über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zu optimieren.

Im Rahmen des SFB 1244 wurde der Demonstrator D1244 entwickelt. Dieser ist weltweit das erste adaptive Hochhaus. In die Tragstruktur sind aktive Elemente integriert. Diese ermöglichen es dem Gebäude, selbsttätig auf äußere Einwirkungen wie Wind oder Erdbeben zu reagieren. Dank seiner Sensorik erkennt D1244 in Sekundenbruchteilen, wo welche Kräfte auf das Gebäude einwirken – und kann ihnen mit Hilfe seiner Regelungstechnik gezielt entgegenwirken. Die Sensoren erfassen auftretende Verformungen, und die im Gebäude verbauten Hydraulikaktoren (die „Muskeln“ des Gebäudes) erzeugen daraufhin gezielt eine Gegenkraft. Diese dient der Dämpfung von Schwingungen und verhindert Verformungen – so kann deutlich leichter gebaut werden als dies ohne Adaptivität möglich wäre.

Seit Sommer 2022 werden zudem sukzessive adaptive Fassadenelemente eingebaut, welche die anfangs eingebaute Membranfassade bis Ende 2024 komplett ersetzen werden. Diese Fassadenelemente beeinflussen den Licht- und Energieeintrag in das Gebäude, den Luftaustausch sowie den Wärmedurchgang aktiv. Im Fokus steht darüber hinaus auch die Interaktion des Gebäudes mit dem umgebenden Stadtraum, zum Beispiel durch ein aktives Regenwasser- und Temperaturmanagement. Der sukzessive Austausch von Elemente im D1244 steht beispielhaft dafür, wie Gebäude künftig ohne kompletten Abbruch ertüchtigt werden können. Alle verwendeten Elemente sind leicht ein- und ausbaubar und lassen sich zu 100 % in biologische oder technische Kreisläufe zurückführen.